Pace im Trailrunning

Geschwindigkeiten: warum deine Pace beim Trailrunning nicht so wichtig ist

Zu diesem Beitrag gibt es auch eine passende Podcast-Folge. Du kannst den Original-Podcast direkt hier anhören oder für später herunterladen.

Die Pace ist das Thema, über das die meisten Läufer:innen miteinander reden. Dann heisst es ganz oft: «Wie schnell bist du auf 5 km, wie schnell auf 10 km? Was ist deine Halbmarathonzeit, was ist deine Marathonzeit?» usw. Wenn ich ganz ehrlich bin, dann finde ich persönlich das ein total ermüdendes Thema. Im Laufsport auf der Strasse oder auf der Bahn ist das eigentlich alles was zählt. Und im Wettkampf natürlich sowieso. Wenn man dann zwei, drei, viermal dieselbe Strecke gelaufen ist, dann fragt niemand «Wie gehts dir? Wie fühlst du dich?» Das einzige was zählt, ist die Zeit. Und ob du schneller warst, als beim letzten Mal.

Klar, zählt die Zeit auch beim Trailrunning immer wieder mal, aber oft geht es mir – gerade bei langen Distanzen – um ganz andere Ziele. Schon die Vorbereitung für ein Rennen ist oft unvorhersehbar. Selbst das Bereit-sein, um an den Start zu gehen, kann ein Ziel sein. Vom Durchhalten bis zum tatsächlichen Zieleinlauf ganz zu schweigen.

Distanzen lassen sich nicht vergleichen

Im Trailrunning (und natürlich auch im Ultrarunning) lassen sich die Distanzen gar nicht so ohne weiteres miteinander vergleichen, darum finde ich die Fragen nach der Durchschnittspace immer ein bisschen fragwürdig. Warum die Pace gerade beim Trailrunning nicht unbedingt etwas über dein Fitnesslevel aussagt, erkläre ich dir am besten an einem Beispiel.

Halbmarathonzeiten im Vergleich

Um zu verstehen, warum sich einzelne Distanzen nicht vergleichen lassen, schauen wir uns zwei verschiedene Halbmarathons an, die ich gelaufen bin und die ich mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen beendet habe.

Meine Halmarathonzeiten können je nach Streckenwahl komplett unterschiedlich sein. Ich kann zum Beispiel einen Halbmarathon auf der Strasse mit einer Pace von knapp über 5 Minuten laufen. Dieses Ergebnis habe ich aber nur deshalb geschafft, weil der Untergrund komplett asphaltiert war und ich nur einen Höhenunterschied von 82 m bewältigen musste.

Im Trailrunning sieht – zumindest bei mir – ein Halbmarathon aber oft ganz anders aus. Dann können die Höhenunterschiede zum Beispiel schnell mal 700 oder 800 Höhenmeter betragen. Ausserdem ist natürlich der Untergrund ein ganz anderer. Auf Trails und Forstwegen bist du naturgemäss oft langsamer unterwegs, als auf einer perfekt glatten Strasse. So kann es schnell passieren, dass du (oder ich 😉 ) für dieselbe Distanz gut und gerne 7 bis 8 Minuten pro Kilometer brauchst.

Ich finde es ganz wichtig, sich bewusst zu machen, dass es egal ist, wie schnell du unterwegs bist. Ein Halbmarathon bleibt ein Halbmarathon und ob du ihn in 2 oder 3 Stunden bewältigst, ist völlig gleichgültig.

Deine Geschwindigkeit beim Trailrunning hängt von so vielen Faktoren ab, dass es keinen Sinn macht sich selbst ständig mit anderen oder mit sich selbst zu vergleichen. Der Untergrund, Steigungen im Höhenprofil, das Wetter, dein persönliches Empfinden am jeweiligen Tag usw., all das hat Einfluss auf dein Tempo und die finale Zeit.

Am besten schauen wir uns diese Faktoren nochmal im Detail an:

Der Untergrund/Das Terrain

Der Sport heisst Trailrunning – du bist also in der Regel auf mehr oder weniger unbefestigten Wegen unterwegs. Natürlich bist du auf einer Laufbahn oder auf einer glatten, flachen Asphaltstrecke schneller, als auf sagen wir einem anspruchsvollen Trail mit vielen Wurzeln, Felsen oder Geröll. Hier brauchst du viel mehr Konzentration und musst deine Schritte gezielter setzen, weil du sonst Gefahr läufst, auszurutschen. Dadurch bist du automatisch etwas langsamer.

Das Höhenprofil

Du bist also in eher unebenem Gelände unterwegs. Wenn es jetzt noch bergauf und bergab geht, verändert sich deine Geschwindigkeit ebenfalls immer wieder. Ein Anstieg in steilem, schwierigem Terrain wird dich mehr ausbremsen, als ein sanfter Anstieg auf einem gut ausgebauten Forstweg. Und manchmal, kannst du eben auch bergab nicht so schnell laufen, wie du es dir vielleicht erhoffst. Stell dir vor, du bist in einem Waldstück mit vielen Wurzeln und Laub und Nadeln auf dem Weg. Der Weg ist schmal und ziemlich steil. Vor wenigen Stunden hat es hier noch geregnet, Laub und Nadeln vermischen sich über den nassen Wurzeln zu einem richtig schön rutschigen Untergrund. Um Stürze zu vermeiden wirst du hier wahrscheinlich langsamer laufen.

Deine Tagesform

Auch deine persönliche Tagesform spielt in dein «Laufergebnis» hinein. Stell dir vor, du hattest eine harte, anstrengende Woche im Büro oder privat, dann kann es sein, dass du einfach langsamer bist, weil dein Körper auch den mentalen Stress abbauen muss. Viele Athlet:innen verspüren auch das Gefühl, dass ihnen das Laufen über beruflichen und privaten Stress hinweg hilft. Gerade dann, ist es viel wichtiger, dass du in Bewegung bist – und deine Pace tritt in den Hintergrund.

Die Pace im Ultrarunning

Gerade im Ultrarunning geht es oft mehr darum, überhaupt in Bewegung zu kommen und zu bleiben. Es ist wertvoller, wenn du ein langsames Tempo lange Zeit aufrechterhalten kannst, als auf kurzen Strecken schnell unterwegs zu sein.

Ich bin im Laufe meines Trainings auch insgesamt auf den kürzeren Strecken langsamer geworden, weil ich eben wirklich mein Training darauf ausrichte lange unterwegs sein zu können.

Darum kommt hier mein Tipp für deinen nächsten Trailrun: schau nicht so viel auf deine Uhr, nimm dir lieber mal eine Minuten zum Gucken, zum Durchatmen und zum Geniessen!